Paff! Zack! Zisch! Die Pforten haben sich geöffnet, der Schlund wird rasend schnell groß wie ein Genelefant, schwarzer Qualm mit Disconebel-Geruch und treibende Bässe hüllen die Welt in einen Mantel aus Schweigen und Untergangsfalsett.
Dunkle Gestalten mit bewappneten Uniformjacken betreten die Bildfläche und schauen grimmigst drein, der erste Mensch wird von einer überdimensionalen Hand gepackt und vor den Augen der gesammelten Nationalbevölkerung scheinbar mühelos verspeist.
Chöre aus Todesengeln in Fledermausoptik, mit Kai Ebel Maske, steigen gen Himmel auf und ziehen über den Scheiteln einer panischen Masse ihre Dunstkreise aus schäbig riechendem Aschestaub.
Ok, ich habs ja gewusst. Irgendwann ist es soweit. Das Ende und so. Gut, dann jetzt wenigstens spektakulär, iss ja auch mal was. Sterben wie Männer, ohne Airbag und Prada "pour homme" Handtasche.
Et kütt wie et kütt, sagt der Kölner. DIE deutsche Weltstadt, das Rhein-San-Francisco, die neue Heimat vom Spreewald-Cipollini?
Keine Ahnung. Aber trotz allem befinden wir uns hier mitnichten im letzten Kapitel der heiligen Schrift, oder gar einer modernen Theater-Interpretation dessen. Keine sich nackt gegenseitig anurinierenden Schauspieler oder ähnliches.
In unserer Stadt hat einfach nur gerade ein neues Einkaufszentrum mit dem weltoffenen, metropolesken Charmenamen "Boulevard" eröffnet.
Das übliche, Glas soweit das Auge blickt, staunendes Publikum mit dem immer noch aktuellen Detail aus unserer Deutschland-Kollektion: Das Begrüßungsgeld Funkeln am linken Pupillenrand.
Im Innenhof: hups falsch. Im Atrium: Die unvermeidliche Kaffee-Bar. "Fräulein, ich hätte gerne einen sechsfachen Frozen-Limoncello-White-Cocoa-Hazelnut-Highlandwhiskey-Chino im mittleren Becher.""Draußen nur Kännchen!""Dann nehm ich en Kännchen Jägermeister!"
Aber kommen wir zurück zum Wesentlichen. Am Vorabend der Mehrwertsteuererhöhung ist die Kauflaune im Land so groß wie lange nicht mehr. Das leuchtet ein, in diesem Zusammenhang natürlich auch der neue, mehrstöckige "Esprit-Store". Raushauen was geht, man will ja gut angezogen sein wenn die Gesellschaft dem Untergang entgegensteuert.
Da entfaltet selbst der in besagtem "Boulevard" neu eröffnete Friseur eine gewisse Sinnhaftigkeit. Wir haben ja nicht schon ungefähr 120 Stück in unserer illustren Stadt.
Ein nettes Detail findet man im gegenüberliegenden Drogerieladen: Alpecin Anti-Haarausfall Kur. So kapitalistisch eng verzahnt sind wir also schon. Da hat Procter & Gamble also auch bereits arme Inneneinrichter, respektive Kaufhausbetreiber in seinem diktatorischen Würgegriff.
Achso, ich habe die neue "Bailly Diehl"- Repräsentanz vergessen. Ein Pulli für 196 Euro. Bestimmt über alle Zweifel erhabene Qualität.
Gestern sah ich einen Bericht über eine vierköpfige Familie. Die Eltern sind Schrottsammler, da sie lieber arbeiten wollen als abhängig zu sein. Ein guter Tag bringt 130 Euro Verdienst.
Welch ein Glück, daß ich schon eine Glatze habe.