Als Frau hieß er Anke

Montag, November 27, 2006

Diesmal: Schmeiß den Tiger in die Sprithöhle! Die Welt will mehr Benzin. Teil Zwei der Saga...

Ok, es geht gleich los, keine lange Einleitung heute, sondern zack bumm voll rein. In dieser schnellebigen Zeit muß viel fixer zur Sache gekommen werden, am denglisch wahnsinnigen Point Of Sale kann man auch nicht verschnaufen.
Vor kurzer Zeit lernten wir Ludwig, unsere liebste Aushilfskraft im Kraftstoffsektor kennen. Seine Abenteuer waren zunächst um 14.10 Uhr zu Ende.

Doch wir wollen sehen was nach einer kleinen Dose Erfrischungslimonade noch so passierte, wie es weiterging, wer noch so auftauchte und... ach was wird geredet, die lechzenden Mäuler seien gestopft.

Und bitte, Top die Wette gilt:

14.20 Uhr. Das schnorchelnde Blubber-Zwitsch eines großvolumigen Zweizylinders kündigt die Ankuft einer bekannten US-amerikanischen Chopper-Motorrad Marke an. Es ist Peter B., der schon den fransigen Lederkombi Marke Vorderlader, Modell Südstaaten über den vollschlanken Körper geworfen hat.
Zärtlich manövriert er den weißwandbereiften Freiheitstraum auf den Vorwaschplatz hinter der "Wash-Tec-Super-Soft-Spezial-Tuft-Moosgum RSX 7500 Typ B"-Bürstenhölle.

Die angepeilte Hochdruck Dreckbefreiung der Maschine läuft problemlos, Herr B. macht sich Richtung Verkaufsraum, Halt: "Shop", auf, um bei Ludwig eine frischgebrühte italienische Kaffeespezialität und ein belegtes Wasserbrötchen in Auftrag zu geben. Natürlich wird dies von der stets zuvorkommenden Aushilfe mit Bravour erledigt.

Auf die Frage, ob das leckere Bohnenheißgetränk denn in einem großen oder kleinen Becher serviert werden solle, antwortet Herr B: "Accch, mach se en große, es soll sich doch aaach lohne."
Immer gerne, der aus Schweizer Herstellung stammende Kaffeevollautomat mahlt, presst und brüht, dass es eine wahre Freude ist. Während der Wartezeit erklärt Peter B., dass er diese kulinarischen Genüsse zur Überbrückung benötigt, bis sein Feuerstuhl denn getrocknet sei. Soweit so gut, der freundliche Bundesstraße 3 Dennis Hopper verabschiedet sich hernach in die Ferne und zeigt der Oktananstalt die Rücklichter.

Tick-Tack-Tick, das Zeiteisen meldet 15.00 Uhr. Ein schorchelndes Blubber-Zwitsch liegt in der benzolgeschwängerten Luft. Peter B. biegt im fransigen Kuhhautoutfit auf den Hof, den Gasgriff des schweren Zweirads fest in der Hand.

Wir beobachten die Fahrt zum bereits erwähnten Platz mit dem Hochdruck-Vorreinigungsgerät, das reibungslose Abdampfen sämtlicher verdreckter Bauteile und die Ankuft im Sale Bereich.

Was jetzt folgt bedeutet, dass der gute Herr Reeves es scheinbar doch niemals wirklich realisieren konnte, die Matrix zu zerstören. B. bestellt einen Kaffee und ein Brötchen, Ludwig fragt nach der Bechergröße, B. antwortet: ... Ja genau, sie wissen es schon. Danach die obligatorische Erklärung, der Ofen sei noch nicht trocken und er müsse noch etwas warten. Das real gewordene Déjà-Vu endet um 15.20 Uhr mit einem freundlichen "Tschüß" des Peter B. und seiner Abfahrt in die tief stehende Wintersonne.

Um 15.40 hören wir das kalte Nageln eines modernen Dieselmotors. Die Ankunft von Petra S. steht unmittelbar bevor. Der schwarze Volkswagen-Kombi im Wert von ca. 40.000 Euro parkt brutal verdreckt an Säule 1 und reckt seine Motorhaube gen Himmel.

Nach dem Tankvorgang erwirbt Frau S. bei Ludwig einen Liter hochwertigstes Spezial Öl für ihren sechszylindrigen Selbstzünder, welches exakt die strengen Herstellervorgaben erfüllt.

Das Szenario beginnt. Zeitlupenartig bewegt sich Petra S. auf das furchteinflößende Aggregat zu, um ihm den schelmischen Ölverbrauch mit neuem Schmierstoff heimzuzahlen. Zu nervenzerfetzender Spannungsmusik werden Ölflasche und eine Öffnung im Motorraum quälend langsam aufgeschraubt.
Der Puls bei allen Beteiligten steigt in astronomische Höhen, am Straßenrand verkauft ein schleimiger Bauchhändler bereits Beta-Blocker. Da sind sie, die ersten Tropfen. Sie rinnen zähflüssig aus der Flasche gen Einfüllschlund, verteilen sich dort, bis auch der letzte Mililiter herausgeschüttelt ist.
Im Publikum sind nun schon einige Opfer zu beklagen, denen die unmenschliche Spannung förmlich den Gar ausmachte.

Die Motorhaube fällt plump ins Schloß, Petra B. startet den Motor und lässt die Katastrophe los. Der Schmierstoff war auf sensationelle Weise im Behälter für die Servolenkung gelandet. Der Rest der Verschmutzungsorgie entbehrt jeder weiteren Ausführung, dies könnte weitreichende Folgen für die Menschheit haben. Ein CO2 Gipfel erscheint dagegen im Lichte eines Kindergeburtstages im Jahre 2027. Der flux herbeigerufene ADAC kann die Situation leider auch in keine positive Richtung mehr drehen, der harvarierte Passat von Frau S. sollte Ludwigs Augen noch eine ganze Weile beglücken.

So endet nun auch der zweite Teil unseres kleinen Abenteuerberichts sensationell kurios, natürlich ist das hier im Sinne der geistigen Freiheit und des persönlichen Schutzes alles rein fiktiv, häääääähmmmmm...

Also dann, gute Nacht liebe Freunde und bis zum nächsten Mal, denn: Fortsetzung folgt!

Dienstag, November 21, 2006

I Lost My Rainbow In A Dirty Cloud


Da sind sie wieder, ein paar Gedanken zur Nacht. Zum Einschlafen, Nachdenken, Einsaugen oder einfach vergessen.

Der Plattenspieler lässt die auf Vinyl gepressten Schallwellen der Kings Of Convience sprechen, draußen stürmt es leicht. Doch die Füße sind warm. Gottseidank, denn es gibt nichts schlimmeres als kalte Füße.
Mal wieder ist ein Tag vergangen, eigentlich war er wenig spektakulär, so wie viele vor ihm. Gefühltermaßen hat man im Auto, zwischen seinen einzelnen Einsatzstellen, mehr Zeit verbracht als überall sonst zusammengerechnet. Gut, wenigstens verwöhnt das Autoradio das Ohr mit digitalen Scheiben. Müßte man sich gezwungenermaßen den Dudel-Äther reinziehen, würde dies wohl auf Dauer heftige Psychosen auslösen.
Dreimal am Tag Rosenstolz und Shania Twain ist dann einfach fünfmal zuviel.

Ja, man verbringt so seine Stunden und Minuten zwischen den einzelnen Aufenthalten im Bett.

Dazwischen Gedanken, Gefühle, gar Probleme? Schwer zu sagen. Gibt es richtige Probleme überhaupt, wenn man gesund ist, ein Auto, ein Handy, einen Fernseher, Internet und genug zu Essen hat? Das muß wohl jeder mit sich selber ausmachen. Es wird sicherlich Menschen geben, die sich nächtelang wegen des Weltskandals herumwälzen , dass es unelegant sei, einen Brioni Anzug mit einem Boss Hemd zu kombinieren.

Probleme, Gefühle, Gedanken. Unvermeidbar, der Mensch ist nunmal so. Besonders wenn er alleine ist, neigt er zur Melancholie.
Männer und Frauen scheinen sich unterbewusst näher zu sein als man landläufig glauben mag. Sie brauchen sich genauso wie das Meer Salz oder das Fenster Glas. Ein Ozean ohne Salz wäre langweilig, das Fenster ohne Glas sinnlos.
Man macht sich Gedanken (da wären sie wieder), über eventuell verpasste Chancen, mögliche Kombinationen oder wie man am schönsten eine Einladung ausspricht. Natürlich kommt am Ende eh alles anders, man hätte auch in einer pinken Leggins, mit einem Strauß Inderrosen in der Hand, vor ihr stehen und sich übers Wetter von vorgestern unterhalten können. Bringt natürlich alles wenig, wenn man sich noch nicht mal traut nach einer Zigarette zu fragen.

Der nahende Winter macht das Alleinsein umso schwerer. Im Kopf spukt das Gefühl herum, wie schön es wäre, gemeinsam im warmen Zimmer in eine Decke gehüllt zu sitzen und der Death Cab For Cutie Platte beim Drehen zuzusehen.
Mehr braucht man nicht, scheiß doch auf all den Luxus. Das Märchen im Kopf suggeriert den absoluten Optimalzustand, die gedanklich generierten Probleme sind wie weggefegt. Wie würde es Jens Lekman ausdrücken: "I just want someone to share my life with."

Mal sehen, wie lange noch der Staub der Straße gefressen werden muß. Der Optimismus darf nicht sterben. Because There's Beauty In The Breakdown. Jeder neue Tag bietet Chancen, Überraschungen und Möglichkeiten. Man muß sie nur aufstöbern in ihren versteckten Ecken, Mauervorsprüngen und Baumwipfeln. Gleich morgen wechsle ich ins Detektivfach.

Vielleicht wird der Tag ja spektakulär.




Wie immer gibt es zum Einschlafen noch ein kleines, schönes Videogeschenk vom Zauberlehrling...

Anna Ternheim -To Be Gone

Sonntag, November 19, 2006

Am Steuerrad

Da steht man also am großen Rad, zieht, dreht, kurbelt und steuert den Kahn gen Hafen - das hofft man jedenfalls. Man steuert nach Gefühl, denn sehen tut man nichts. Da ist dieser Nebel, nicht irgend ein Nebel, nein, dieser Nebel.
Es ist der Nebel, der aufzieht, wenn man da so am Rad dreht und eigentlich ein Zeichen bräuchte.
Dann kommt der Nebel.

Der Leuchtturm ist nicht in Sicht, abgeschaltet - vielleicht essen sie da gerade die Mayonaise aus der Werbung, aber das mit dem leuchtenden Heiligenschein funktiert nicht.
Man steht da also und kurbelt, dreht und steuert - hat der Wind einen gerade aus der Bahn gedrückt oder womöglich die wahrhaft richtige Richtung angezeigt?
Der Nebel ist da und versperrt die Sicht. Nur manchmal offenbart sich eine Lücke und eröffnet den Blick auf die Umgebung. Kein Leuchtturm mit dem erhofften Wegweiser, nur kurze Eindrücke, Gischt und Wasserspiele, ein Puzzle aus kleine Gesten.
Das Bild bleibt verschwommen. Schön, aber verschwommen.

Die Wellen züngeln über die Reling und treffen tropfend ins Gesicht wie bei einem Spaziergang an einem verregneten Abend.
Man kann nicht recht sagen, ob der Regen kalt ist oder warm, ob er prasselt oder perlt.
Spült er die Farben aus dem schön ausgemalten Bild fort oder verleiht er eine vollendete weiche Zeichnung? Die Gedanken verharren im Regen, man betrachtet sich selbst beim Gang durch die Nacht, der Tritt in die Pfütze, der Laternenschein taucht die Szene in unwirklich reales Licht.
Die Gedanken sind echt aber sind sie auch real? Hat das Bild das Zeug zum Kunstwerk oder wird es abgebrochen, weil die schöne Inspiration abhanden kommt, das Zeichen fehlt, um dem Bild die finale Richtung zu geben?
Das Model bewegt sich, der Mensch lebt von der Bewegung, doch erlaubt sie dem Maler jene Drehung, jenen Tick vom Gewöhnlichen zum Besonderen, so dass jeder weitere Pinselstrich zur Vollendung gerät - oder war die Bewegung des Models eine Abwendung, ein Entzug der Inspiration? Werden die Konturen verwischt, so wie die der Pfütze im Schein der Straßenlaternen auf dem Weg durch die Stadt ?

Die Fußzehen sind naß, das Wasser steht auf dem Deck wie die Pfütze auf der Straße. Der Mond schimmert nur kurz durch den Nebel und man vermag nicht zu sagen, ob er zum Hafen führt oder davon ab - womöglich ist er auch gar kein Zeichen, er ist einfach nur da, weil er immer da ist.
Sobald die Suche beginnt, treten die Dinge in den Hintergrund. Dreht man das Steuerrad auf diesen Pfaden, so ist man längst in die Ereignisse eingetaucht. Die Unklarheit, die Ungewissheit, sie schleicht sich erst an, wenn man einsteigt in diese Szene, wenn man ablässt von Wegweisern, Handbüchern und Straßenkarten, wenn man sich einlässt auf das Bild, das man hier ausmalt. Dann ist der erste Schritt längst der richtigen Richtung gefolgt. Hier gibt es keine Straßenkarten.
Der Augenblick, das Verharren, das von Gedanken gezeichnete Bild erlangt in dieser Szene nicht seine Schärfe - aber nur in dieser Szene schärfen Gedanken ein Bild.

Dunkelheit, verwischter Schein, unscharfe Gischt- und Wasserspiele - der Nebel selbst ist das Zeichen.

Man will blindlings das Ölzeug über Bord werfen, im Pulli die letzten Schritte durch knietiefes Wasser laufen - man wäre bald da.
Zum Finden aber braucht man dann die helfende Hand, die jedoch kann man nicht suchen, sie findet einen - und zwar nur im Nebel, der diese Szene so schützend umgibt.

Im nebeligen Regen steht man dabei natürlich noch immer selbst am Steuerrad, sucht, dreht und kurbelt weiter, das Ziel jedoch wird ohne ihre Hilfe unauffindbar bleiben. So hofft man darauf, dass sie dem selben Nebel gewahr wird und ihre Hand zur Hilfe reichen mag.

Samstag, November 11, 2006

Pack den Drachen in den Tank! Oder: Von einem der auszog der Welt Benzin zu verkaufen... Teil Eins.


Gemäß der wie immer packenden Überschrift, hüstel, soll es sich heute einmal um eine, offensichtlich betrachtet, verdammt langweilige Sache drehen.

Wir beleuchten einfach mal die Sonntag-Nachmittag-Schicht bei einer Mineralölverkaufsfiliale mitten im schönen, märchenhaft provinziellen, südwestlichen Teil unserer Republik.

Um Punkt 13 Uhr startet die ungelernte Aushilfe, mit dem Einloggen in den Kassenrechner, ihre nächsten fünf Stunden am Bach des Brennstoffs. Politiker würden sagen: "An der Basis." Aber das sein mal dahingestellt.

Nennen wir den Protagonisten zunächst, des einfacheren Verständnisses wegen, "Azrael der Feenschlächter." Nein, zu lang, er braucht einen bürgerlichen Namen, der polarisiert, die Leute mitreißt, weil er ihnen wie ein lange vermisster Bekannter vorkommt, eine unmissverständliche, catchy success-story muß im Subkontext mitschwingen, ääähmm, Ludwig. Genau, Ludwig ist gut, das ist Erhard, das ist Wirtschaftswunder, das ist "Maßhalten", das passt. Bei dem Aufschwung momentan.

Ok, genug der prosaischen Schwelgerei, Fakten auf den Tisch: Nachdem Ludwig um 13 Uhr seine Schicht startete, fährt um Punkt 13.05 Uhr Rentner Helmut P. mit seinem Audi A4 3.0 V6 Quattro Handschalter auf den Hof. Der Mann ist weit über 90, hat 220 PS unter dem Hintern und vor kurzem, in einem spektakulären, hazadeurhaften Hebron-11 Gedächtnis-Stunt, die Waschanlage gerammt. 5000 Euro Schaden. Wir haben ja die Haftpflicht. Soweit läuft am heutigen Tag alles glatt, nach ca. 25 Minuten ist der Tankvorgang beendet, der letzte Geheimzahl-Versuch mit dem Sperren der Bankkarte einhergegangen und der Treibstoff bar bezahlt. Er fährt mit quietschenden Pneus gen Heimat.

13.30 Uhr: Sven F. betritt die Bildfläche. 26 Jahre alt, Alkoholiker, unzählige abgebrochene Ausbildungen und stolzer Besitzer eines alten, dröhnenden Ford-Cabrios, welches er neulich einer horizontalen Dame aus der großen Stadt abkaufte. Am heutigen Tage ist das ehemalige Sport-Talent mit einem deutlichen Zacken in der Krone bewaffnet und fordert vehement die Herausgabe von Einweg-Pfand für Aldi-Flaschen. Ludwig erklärt ihm freundlich, dass dies nicht möglich sei, da man diese Getränkebehälter nicht im Angebot habe. Doch Sven F. lässt sich von solch geballtem Fachwissen nicht beeindrucken und droht mit dem Besuch der Brent-Spar-Versenkungs Konkurrenz, sollte ihm nicht umgehend das Pfand ausgehändigt werden.
Ähnlicher Versuch wie mit einem U-Bahnticket der Münchner-Verkehrsbetriebe in Berlin Bus zu fahren. Sven F. verlässt um 13.35 maulend und transpirierend das Etablissement.

Nun ist es Zeit für den großen Auftritt von Markus P. 13.50 Uhr, der Familienvater fährt auf leisem Gummi seinen Renault Espace katzenartig vor den Halteplatz am Luftprüfgerät. Nach einem unerschrockenen Rundumblick wird während eines scheinbar unbeobachteten Momentes die Heckklappe nach oben gerissen und kurzerhand der Luftprüfer eingeladen. Eine furiose Abfahrt beginnt, die mit einer Rückkehr um 14.10 Uhr endet.

Ludwig mußte sich während dieser bangen zwanzig Minuten nun unzählige Male die Frage nach Luft stellen lassen, um dann aus der saloppen Worten des Herrn P. zu erfahren: "Aja, isch hebb do noch so e ald Mopped, do wor kaaa Luft meh' druff. Isch wor nur schnell dehaaam in de Garasch um des Ding uffzubumbe mit demm Gerääd. Awwer gehn dut des net werklisch, do misster mol wos moche drooo." Scheinbar fielen ihm im Vorfeld seiner 007-Aktion nicht die, mit dem passenden Anschluß versehenen, Kompressorrohre auf, die das sukzessive leerer werdende Gerät direkt an seinem Standort wieder mit neuer Luft versorgen.

Vater Buddenbrook würde es wohl mit einem juvenilen "Kurios, Kurios" kommentieren.

So endet Teil Eins unserer Begleitung einer scheinbar alltäglich-langweiligen Tätigkeit. Ludwig wird auf seinem Weg durch das Kunden-Gewitter noch weitere Überraschungen erleben, soviel ist gewiss.
Natürlich bleibt jede Ähnlichkeit oder Übereinstimmung mit eventuell noch lebenden Personen auch hier rein zufällig.

Fortsetzung folgt.

Dienstag, November 07, 2006

r-tilde und die falsche Klorolle

"e von r-tilde ist gleich r-tilde minus r-f"... also Entschuldigung, aber die nehmen doch alle 'was oder?! Und wer bitte ist Tilde?!
Kenn' ich nicht, will ich auch gar nicht kennen - klingt so nach tonnenschwerer Bauernbraut.
Ich habe gar nix gegen Bauersfrauen, selbst dann nicht wenn sie tonnenschwer sind. Aber ich muss sie ja auch nicht ständig um mich haben.
r-Tilde dagegen muss ich um mich haben. r-Tilde minus r-f mal L-Strich. L-Strich-Strich...
Tjaja Striche und Drogen, Bauersbräute im ganzen Hörsaal - habe ich ja super hinbekommen.

Letztes Jahr waren die Romanisten nach uns dran, nachdem die Tilden und Stricher von der Tafel verschwunden waren. Die haben sich zwar irgendwie auch nur über Pferde unterhalten aber die waren wenigstens selten fette Tilden und Stricher waren da auch nicht dabei. Da waren überhaupt eher wenige Vertreter des männlichen Geschlechts.
Andere schauen, staunen, genießen Aus- und Einblicke sogar in langweiligen Vorlesungen. Ich dagegen vertreibe mir aus Mangel an bestaunenswerten Geschöpfen die Zeit mit Tilden-Hass-Malereien. Die letzte habe ich tatsächlich ganz gut hinbekommen.

Ein kreatives Fach. Nein, nicht meins. In kreativen Fächern gibt es schöne Menschen, bei mir gibt es Tilde. Designer und so sind sicher schöne Leute. Ich kenne 'ne hübsche Architektin.
Tja die Tilde vom Tafelstrich ist schon eine ganz feiste Wuchtbrumme und hat aus purer Egozentrik und Eifersucht alle Schönheit erfolgreich aus ihrem Umfeld und dem Saal verbannt.
Man möchte sie abwischen und im Klo herunterspülen wie das morgendliche Toilettenpapier. Allerdings hängt das ständig jemand falsch herum in den Abroller. Falsch herum im Abroller! Wie soll man denn so abrollen und abreißen, mit dem abgerollten Blatt nach hinten gegen die Wand?! Das Blatt gehört nach vorne, damit man es schwungvoll abreißen kann!

Naja, so können die Tilden natürlich nicht abgewischt werden und die schönen Frauen studieren weiter Design - oder Architektur.

Mittwoch, November 01, 2006

Eigentlich müsste man.

Morgens, ganz früh, wenn sich der herbstliche Nebel langsam verzieht, an der Ampel. Ziehe verschlafen an der Kippe und warte. Die Ampel ist rot, sie ist immer rot.
Nicht immer da ist allerdings das Mädel, das gerade den Kopf noch tiefer in den Kragen duckt und die Straße überquert.
Wieso sie wohl so früh unterwegs ist und warum ausgerechnet heute und nur heute?
Irgendwie süß, wie sie den Schal bis über die Nasenspitze hochgezogen hat. Wenn ich einen Schal so hoch ziehe und versuche, den Kopf möglichst weit in den Kragen hineinzuziehen, dann mach ich nur einen krummen Rücken und schlurfe wie ein angeknockter Hafenschläger durch die Straßen.
Eigentlich müsste man aussteigen und sagen, "Hallo, du siehst süß aus, wenn du den Schal so bis zu Nasenspitze hochgezogen hast".
Man tut es natürlich nicht.
7.25 Uhr, noch ein Zug an der Kippe, die Ampel ist immernoch rot, wie kann eine Ampel so lange rot sein?!
Die Kleine mit dem Schal ist um die Ecke gebogen, verschwunden, genau wie der Gedanke selbst, die Erinnerung vom Kippendunst verwischt.

Mittags im Konsumtempel.
Man sucht eigentlich nichts, nächstes Semester muss man 580€ Gebühren zahlen - nein, man will nichts kaufen. Es gibt hier ohnehin nichts, was man gebrauchen könnte.
Die Verkäuferin im Kosmetikartikelfachgeschäft trägt eine Marge-Simspon-Gedächtnisfrisur, auftoupiert bis zum Anschlag. Ihr Gesicht verbirgt sie unter einer Schicht von beige-brauner Farbe mit rostrotem Touch um die Wangen - vielleicht ist ihr die Frisur peinlich?
Eigentlich müsste man reingehen und sagen "Hallo, ich glaube, Sie sind eine hübsche Frau - das sollten Sie nicht unter einer so auffälligen Farbgebung verbergen".
Man tut es natürlich nicht.
Dabei würde die Kosmetikartikelfachverkäuferin mit ihren geschätzten 52 Jahren den größten Egoschub der letzten Jahrzehnte bekommen, ihrem Chef drei Rollen Küchentücher mit der abgewischten Gesichtsfarbe vor die Füße knallen und ab morgen bei Allnatura gegenüber an der Kasse stehen.
Das wäre meine gute Tat für heute. Wird das irgendwo gutgeschrieben, kann ich das irgendwo einlösen wie Paybackpunkte?

Abends nochmal unterwegs. Bisschen Musik, bisschen Bier, bisschen Leute. Der Rauch der Kippe wabert schneller an die Decke als heute morgen im Auto - undurchsichtg, unscharf, diffus.
Die Musik ist gut, die Frau auch.
Hätte jetzt gerne den Stand zum Einlösen meiner Paybackpunkte von heute Mittag.
Was gäbe es wohl für den Egoschub einer reifen Kosmetikartikelfachverkäuferin?
Erfolg ohne Worte? Ein Blick, ein Prost, ein Treffer? Wohl kaum, wäre ja auch irgendwie langweilig. Aber ein ergibiges Gesprächsthema vielleicht oder 'ne originelle Idee - das wäre doch angemessen und überaus hilfreich, schließlich braucht man eine originelle Idee, oder?
Ohne originelle Idee und intelligente Konversation wird man zum Start gar nicht zugelassen, oder?
Studieren heißt, sich Gedanken machen, die richtigen Fragen stellen, Antworten wissen - so jedenfalls wurde es gepredigt.
Also macht man sich Gedanken, stellt Fragen - aber nicht ihr, sondern sich. Thema verfehlt, 6, setzen! Zum aus der Haut fahren.
Eigentlich müsste man sagen, "Hallo, nett biste und gut aussehen tuste und wenn ich jetzt ein einnehmendes Lächeln bekäme, dann wär' das stark ... und außerdem hab' ich leider gerade keinen Plan, was ich sagen könnte".
Man tut es natürlich nicht.
Zurecht das Ziel nicht erreicht, sondern vom Besenwagen aufgesammelt worden.

Will gerade gehen, da tipt mir jemand auf die Schulter.
"Hallo... ääh.."
"Ja?" Ich kenne sie nicht, noch nie gesehen. Sie ist ganz niedlich eigentlich.
"...äh..äähm... hast du vielleicht Feuer?"
Neben ihr steht ihre Freundin - und raucht.
Süßer Versuch, sehr ansprechend und ganz sicher kein bisschen originell - leider ist sie nicht halb so interessant, wie die Frau von vorher.
Feuer bekommt sie natürlich trotzdem, ob sie will oder nicht.

"Walk idiot walk". Genau.